Mal wieder weg – Val Pennavaire

An acht Monate zwischen zwei Kletterurlauben kann ich mich schon gar nicht mehr erinnern. Corona bringt nicht nur die „Urlaubs-Routinen“ in hiesigem Haushalt durcheinander. Urlaub? wie ging das noch mal?

Ein Blick auf die Infektionslandkarte in Europa ließ bei einer Woche Urlaubsfenster am ehesten Italien zu und Oltre Finale ist für mich immer ein lohnendes Ziel. Obwohl ich schon einige Male dort war, gibt es hier noch reichlich zu tun und die Locals erschließen regelmäßig neue Gebiete. Glücklich sind die, die aus den Vollen schöpfen können.

Nach dem mit Antigen-Test, Online-Anmeldungen und Vignettenkauf alle Formalitäten durch waren, wurde mal wieder Gurt und Seil in den Bus gepackt.

Zwei kleine Crashpads durften aber für den Zwischenstopp im Tessin bei An- und Abreise auch nicht fehlen.

Chironico bietet auf ca. der Hälfte der Strecke eine gute Möglichkeit hierzu. Kurz runter von der Autobahn, vor Ort ab parken und je nach Sektor ein kurzer Zustieg.

Bei Temperaturen jenseits von 30 Grad war allerdings die Performance am Fels weniger erfolgreich. Da das Gestein dort die Handfeuchtigkeit kaum aufnimmt, waren auch leichtere Boulder eine Herausforderung. Zum Glück bot der Gebirgsfluss oberhalb vom Ort eine willkommene Abkühlung sowohl für Körper als auch das mitgebrachte Bier.

In Oltre Finale, genauer im Val Pennavaire nördlich von Albenga, bezogen wir dann unsere Unterkunft in Coletta. Dieser aus alten Steinhäusern bestehende Ort wurde von Mailänder Architekten in den 90er Jahren liebevoll restauriert. Äußerlich wurde die Jahrhunderte alte Struktur beibehalten, während die unterschiedlichen Wohnungen in diesen kleinen Häusern modern und gut ausgestattet sind.

Vom Ort aus sind sogar zu Fuß schon sieben Klettergebiete zu erreichen, falls jemand nach der Anreise sein Fahrzeug auch mal stehen lassen möchte.

Mir persönlich gefällt die Kletterei hier auch deswegen, weil die Einzelgebiete so verschieden sind. Nicht nur in Puncto Ausrichtung, Höhe und Neigung wird alles geboten, auch der Kalk selbst zeigt sich bei der Form und Schichtung in allen Facetten.

Focus in diesem Urlaub bei den bereits genannten Temperaturen lag aber eindeutig auf Schattenwand. Hier fallen leider fast alle höheren Wände, die zusätzlich auch noch ein paar leichtere Touren im fünften und unteren sechsten Grad haben, aus. Aber nach dem letzten halben Jahr Bouldern fanden meine Muskeln 15-20m auch noch hoch genug.

Aufgrund der geschilderten Unterschiede der Gebiete ist es schwer, allgemeine Empfehlungen zu geben. Wer hier was gut findet, hängt ganz von persönlichen Vorlieben ab. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass das Angebot für Menschen, die unter 6a klettern, nicht ganz so reichhaltig ist.

Folgende Schatten-Gebiete haben wir besucht:

Grennaio

Führt im wahrsten Sinne ein Schattendasein unterhalb der riesigen Wand Terminal. Verglichen mit Terminal sieht alles ziemlich mickrig aus, klettert sich aber durchaus gut und hat keine fünf Minuten Zustieg, sofern man in der großen Kurve noch einen Parkplatz ergattert (der ist für mehrere Gebiete und bietet nur Platz für 6- 7 Fahrzeuge). Trotz der sonnenexponierten Ausrichtung versteckt sich ein Großteil des Felsen hinter Bäumen und hat besonders an Wandfuß Schatten. Durch das Routenportfolio bietet sich die Wand als Kompromissfels an (5a – 7c, die beiden linken „6c Routen“ entpuppten sich als schöne 5a/b-Platten). In den schwereren Routen ist eine gute Übersicht gefragt, die Griffe verstecken sich nicht nur hier ganz gern.

Cuiso

Kleiner und straßennaher Sektor, der ab mittags im Schatten liegt. Hier hat es im rechten Wandteil einige schöne Routen bis 6a, links wird es dann schwerer und steiler (mit knackigen Einzelstellen) bis 7b. Der Zustieg verläuft zum Teil über alte Kanäle und erfordert ein wenig Balance. Am Fluss gibt es nette Badestellen.

Emisfero

Emisfero ist das erste Gebiet im Tal, hat einen sehr kurzen Zustieg und Wandklettereien von 6a bis 7b, die im positiven Sinne an Kletterhalle erinnern. Für den jeweiligen Grad kein wirklich schwerer Zug, dies aber gefühlt von unten bis oben durchgehend. Die Kletterei ist daher sehr on sight freundlich für Kletterer, nicht für Boulderer ;-).

Dhome

Das Gebiet ist sicherlich kein Highlight im Tal, aber für Bewohner des Ortes Coletta in zwei Minuten erreichbar, und daher gut geeignet, wenn man noch andere Dinge am Tag vorhat und nur kurz ein paar Routen ziehen möchte. Außerdem liegt es die meiste Zeit des Tages im Schatten und ist durch den kleinen Bach etwas kühler als andere Sektoren.

Erborista alta

Die höchste von uns besuchte Schattenwand, wobei die die hohen Touren in der Regel in höheren Graden liegen. Für Erborista alta (linker Wandteil) gibt es einen unteren Zustieg an Fixseilen oder man folgt dem Wanderweg bis zu einer Verzweigung und steigt von dort etwas bequemer wieder ab. Sowohl die Zustiege als auch der Wandfuß sind nicht kleinkindergeeignet. Die von mit gekletterten Routen waren ausdauernd mit knackigen Einzelstellen.

Enoteca

Vorbei an Erborista geht man den Pfad noch ca 10 – 15 Minuten weiter bergauf und gelangt zu dieser von unten nicht sichtbaren, kleinen Wand, die nachmittags im Schatten liegt. Während die leichten, aber sehr kurzen Touren im linken Wandteil nicht so toll sind, gibt es auf der rechten Wandseite schöne und auch längere Routen im Bereich 5c/6a. In der Mitte befinden sich Wandklettereien von 6b bis 7a.

CPR

Ein neueres Gebiet, welches noch nicht im aktuellen Führer drin ist (Infos über Neuland bekommt man immer in der sehr netten Bar Neva in Cisano sul Neva).

Ausgehend von Alto steigt man ab zum Fluss, überquert diesen und steigt auf der anderen Seite auf engen und steilen Pfaden, die mit vielen alten Seilen gesichert sind, wieder auf. Wie viele Gebiete hier oben nahe Alto bietet auch CPR (gesponsert vom gleichnamigen Kletterladen in Cisano) viel Potenzial im Highendbereich. Im großen Dach ziehen hier einige Linien durch, die im achten Franzosengrad liegen. Die leichteren „ersten“ Seillängen Richtung Dach nehmen sich dagegen zwar mickrig aus, bieten aber durchaus schöne Kletterei. Aber auch die Routen rechts vom Dach haben uns gut gefallen.

 

Die Sektorenauswahl war hauptsächlich durch die Hitze geprägt, bei kühleren Temperaturen würde ich Oltre-Neulingen sicherlich andere Sektoren eher ans Herz legen. Optisch kommt hier das ein oder andere Gebiet im ersten Eindruck nicht ganz so rüber, aber wirklich schlechte Sachen habe ich hier im Val Pennavaire noch nicht geklettert. Insgesamt ist alles eher athletischer als in Finale, aber auch vielseitiger.

Der Alte

About the Author: Schiebekeks

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Klettert seit 1990. Nach vielen Jahren am Seil mit unzähligen Reisen mit und ohne Familie verstärkt am Bouldern.

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