Der erste 4000er

Den ersten 4000er im Leben besteigen. Das ist ein Ereignis, das sowohl Vorfreude als auch Unbehagen hervorruft. 

Im Prinzip klang unser Vorhaben recht simpel:

  • Freitag früh Abfahrt aus dem Rhein-Main Gebiet ins Aostatal
  • Dort angekommen am gleichen Abend auf die Hütte aufsteigen
  • Samstag eine erste kleine Wanderung rund um die Hütte zur Akklimatisierung
  • Sonntag den Gipfel angehen
  • Montag ausruhen und Abstieg zum Auto
  • Dienstag als Reserve falls der Gipfel am Sonntag nicht klappt

Vor dem Vergnügen steht die Vorbereitung, bestehend aus Ausdaueraufbau und Materialanschaffung. Dazu kann ich euch die folgende Podcast-Folgen empfehlen:

Noobtalk – Marken für die Berge
Noobtalk – Für Zwischendurch – Ab in die Alpen

Nach all der Planung und Vorbereitung ging es dann am Freitag früh um 8:30 Uhr los. 650km und 7,5h später erreichen wir den Parkplatz am Ende des Tal Valsavarenche. Die Fahrt verlief reibungslos, lustig und kurzweilig. Auch weil einer der Anwesenden jedes englischsprachige Lied im Radio mitsingen konnte. Zumindest anfangs ist das lustig, auf Dauer dann aber auch anstrengend. 

Noch kurz Rucksack packen, wie zu erwarten ist der natürlich nicht fertig gepackt wenn man sich seit Monaten auf diese Wanderung vorbereitet und sogar 3 Tage vor Abfahrt das Vorhaben nochmal bespricht.

Letztendlich geht es dann gegen 16:40 Uhr los und wir starten mit unseren vollgepackten Rucksäcken in Richtung Hütte.

Der Hüttenaufstieg beginnt noch unterhalb der Baumgrenze auf 1988m und führt über einen recht breiten und gut gehbaren Weg den Berg hoch. Die Landschaft ist wechselhaft und es zeigen sich schöne Einblicke in das weitere Tal.

Mit dem ganzen Gepäck auf dem Rücken ist der Aufstieg aber doch merklich anstrengender als normal. Aber nach 2,5h stehen wir dann auf 2732m an der Berghütte Rifugio Vittorio Emanuele II.

Die eigentliche Hütte (Ein „Neubau“ aus dem Jahre 1954) ist bereits seit Ende September geschlossen, dafür steht aber die ursprüngliche Hütte (erbaut im Jahre 1884 und erweitert im Jahr 1910) als Winterlager bereit.

Das Winterlager besteht dabei aus 3 Schlafkammern mit Stockbetten, wobei der erste Raum sogar einen kleinen Holzofen hat. Bei unserer Ankunft waren noch 2 weitere Gruppen vor Ort. Eine deutsche 2er Gruppe und eine französische 3er Gruppe.

Interessanterweise war der Ofen in der ersten Kammer bereits eingeheizt, aber die Kammer selbst nicht belegt. Im Gespräch kam dann heraus, dass die Franzosen den Ofen angemacht haben um ihre dritte Kammer zu heizen. Allerdings konnten wir uns nicht erklären wie das funktionieren soll. Dennoch haben wir die erste Kammer bezogen und freuten uns über die warme Übernachtungsmöglichkeit.

Abends gab es dann noch eine Packung gefriergetrocknete SpaBo (Spaghetti Bolognese). Bei der Höhenlage der Hütte habe ich dann doch leichte Beschwerden und am ersten Abend ist mir dann einfach durchgehend leicht schlecht. 

Nach dem Abendessen ist dann aber zeitige Bettruhe angesagt, immerhin wird der Wecker am nächsten Morgen um 5 Uhr klingeln. Ein wirklich erholsamer Schlaf war es zwar nicht. Leider interessiert das den Wecker nicht und frühes aufstehen ist angesagt. Am Morgen erstmal ein warmes Müsli und ein oder zwei Kaffee. 

Um 6 Uhr geht es dann im stockdunklen los, noch lange vor Sonnenaufgang führt der Weg zuerst quer durch ein Feld mit großen und kleinen Felsblöcken. Wir hätten uns den ersten Teil des Weges am Anfang vielleicht doch vorher schon mal anschauen sollen. Jetzt ist es zu spät und wir müssen uns eben im Schein der Stirnlampen den Weg durch diese Feld suchen. 

20 chaotische und stolpernde Minuten später kommen wir endlich wieder auf den normalen Weg und von hier an geht es schnell weiter.

Gegen 7 Uhr beginnt dann auch langsam die Morgendämmerung und die Schönheit der Berge zeigt sich.

Kurz danach wurde es auch Zeit die Steigeisen anzuziehen, da der Weg mittlerweile  komplett Schneebedeckt und auch immer tiefer wurde.

Ab hier ging es durch mehr oder minder steiles Gelände weiter. Eine spätere Auswertung der Route zeigt eine Steigung von teils bis zu 49%. Das ging ziemlich steil hoch.

Der obere Teil geht dann auch noch über den Gletscher. Unterwegs waren eine handvoll Spalten zu sehen die aber alle nicht breit und nahezu komplett zugeschneit waren. Den Gipfel selbst zusammen mit dem letzten zu kletternden Stück sieht man erst auf den letzten 500m. Hier ist es dann, zumindest für mich, eine quälende Anstrengung aber aufgeben war keine Option. Das letzte kleine Stück muss jetzt auch noch sein. Meine zwei Mitstreiter hatten mich zuvor verlassen und sind voraus gelaufen. Da wir uns für das letzte zu kletternde Stück anseilen wollten konnte ich die zwei dann in der Zwischenzeit einholen und wir konnten uns nahezu gleichzeitig anseilen.

Die Kletterei war nicht wirklich schwer, laut Führer im 2. Schwierigkeitsgrad, aber ziemlich ausgesetzt. Zwischendurch geht es über den verschneiten und teils vereisten Grat mit 200-300m Luft rechts und links, oder auch eine kleine Plattenkletterei mit recht guten Leisten. Mit ordentlich Luft unterm Hintern und mit Steigeisen ist das dann nach dem Aufstieg aber doch fordernder als gewöhnlich. Vor allem für den Kopf.

Nach 5,5 Stunden stehen wir aber endlich auf dem Madonnen-Gipfel. Wobei man hier leider anmerken muss, das ist nicht der eigentliche Gipfel. Der ist etwa 20m Gratkletterei weiter und etwa 2m höher. Dieses letzte Stück haben wir aber gelassen, da es komplett vereist war.

Nach etwa 35 Minuten Pause ging es auch schon wieder runter zur Hütte. Der Abstieg verlief gut und nach 2,5 Stunden waren wir wieder an der Hütte. Kurz vor der Hütte sind wir noch durch eine Gruppe von Steinböcken gelaufen die sich von uns überhaupt nicht stören ließ. Jetzt bei Tageslicht war der Weg durch das Blockfeld doch wesentlich einfacher und wir stellten fest dass wir am Morgen das Feld einige Meter zu hoch gequert hatten.

Nach der Ankunft an der Hütte gab es dann erstmal einen Kaffee, etwas zu Essen und als Belohnung etwas hochprozentiges aus dem Flachmann. Jetzt war die Hütte inzwischen doch voller als in der Nacht zuvor und es kamen nach und nach weitere Wanderer an. Letztendlich war das Winterlager dann auch nahezu komplett voll. Es stand für uns auch kurz im Raum doch noch ins Tal abzusteigen aber dafür war es nun schon zu spät.

Am nächsten Morgen ging dann alles etwas entspannter und gegen 9 Uhr machten wir uns auf den Weg ins Tal. Der Abstieg zeigte wieder ein paar schöne Ausblicke ins benachbarte Tal und dauerte dann 1:14 Stunden. Im Tal angekommen wurden wir passend mit der Sonne begrüßt.

Abschließend muss ich sagen als ersten 4000er ist der Gran Paradiso ein einfacher Gipfel der aufgrund des Weges nur ordentlich Ausdauer erfordert. Und außerdem vielen Dank für meine zwei Mitstreiter. 

Auf der Heimfahrt wurde dann auch direkt ein neuer Gipfel für das Jahr 2022 gesucht.

Dazu dann in den nächsten Monaten mehr.

About the Author: Thomas

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One Comment

  1. T. 2022-01-18 at 14:33 - Reply

    Einen tollen Artikel hast du da veröffentlicht.

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